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Von Daten zu Fakten: KI als Treiber für Datenqualität



Beim ORF setzt man zunehmend auf KI-Unterstützung, um aus Datenmengen vertrauenswürdige Informationen zu generieren. Die IT rund um CIO Astrid Zöchling wirkt dabei als aktiver Enabler.


Informationen, die auf sauber geprüften Daten und Fakten basieren, sind das tägliche Kerngeschäft des ORF – und Datenqualität ist dabei in doppelter Weise ein entscheidender Faktor. Zum einen gilt es, Daten konsistent und durchgängig in IT-Systemen abzubilden und verfügbar zu machen. Zum anderen muss aus journalistischer Perspektive die inhaltliche Qualität und Glaubwürdigkeit von Daten sichergestellt werden. Was bedeutet, dass über die recherchierten Daten ein qualifizierter Check durchgeführt werden muss. Das ist etwas, das in Zeiten von Desinformation und anonymer Posts zu einem wichtigen Asset im Wettbewerb und darüber hinaus für unsere Gesellschaft wird. Für beide Anforderungen gewinnt die Rolle von KI an Bedeutung. Die KI setzt ausschließlich auf gespeicherten Daten auf – das bedeutet, je schlechter die zugrundeliegenden Daten für einen Algorithmus sind, desto fehlerbehafteter ist auch das Ergebnis.


„Die Themen KI und Daten sind untrennbar miteinander verbunden und beschäftigen uns über das gesamte Unternehmen hinweg“,

sagt Astrid Zöchling. Sie ist seit fast zwei Jahren CIO des ORF und soll mit ihrer Organisation die Kolleginnen und Kollegen mit den richtigen technologischen Tools, aber auch mit der Vermittlung von Skills fit dafür machen, KI und Software als effektive Unterstützung für ihre Arbeit zu nutzen. Als sie ins Unternehmen kam, beschäftigte man sich in der Technischen Direktion mit dem Thema KI bereits intensiv. Damals war auch der AI Day der Innovationsabteilung als internes, übergreifendes Event-Format ins Leben gerufen worden, um aufzuzeigen, wie KI bereits im Haus genutzt wird, aber zugleich auch, was am Markt passiert.


Mittlerweile ist der AI Day zu einem Fixpunkt geworden. „Es ist unglaublich wichtig, die neuen Entwicklungen und Möglichkeiten, die sich hier auftun, so wie jetzt gerade im Bereich der Agentic AI, in den unternehmensspezifischen Kontext zu übersetzen“, betont die ORF-CIO. „Dass derzeit überall von KI die Rede ist, hilft dabei, Dinge in Bewegung zu setzen. Heute gibt es allgemein hohes Interesse an Themen und Fragen, die lange Zeit nur aus der IT-Perspektive betrachtet wurden – zum Beispiel für das Thema Daten und für die Frage: Habe ich überhaupt die Daten verfügbar, um KI wertvoll zu machen?“


KI-fit heißt auch Daten-fit


Genau diese Frage beschäftigt Zöchling und ihre IT-Organisation quer durch das ganze Unternehmen an vielen Stellen. Das beginnt mit der Notwendigkeit, journalistische Inhalte mithilfe möglichst konsistenter Metadaten übergreifend auffindbar und nutzbar zu machen. Handelt es sich zum Beispiel um einen Beitrag über eine bestimmte Gemeinde oder bestimmte Personen im öffentlichen Interesse oder um eine andere Kategorie von Beiträgen? Welche aussagekräftigen Kenngrößen muss es zu Daten in dieser Kategorie geben? Wo sind ähnliche Daten schon im Unternehmen vorhanden? Wer sind die Data Owner, die die Datenqualität fachlich beurteilen können? Wer darf auf die Daten zugreifen? Die Herausforderung, entsprechende Governance-Strategien zu diesen Fragen zum Beispiel in Form von Datenkatalogen technologisch umzusetzen, stellt sich im ORF genauso wie in vielen anderen Unternehmen auch – nur, dass diese Herausforderung noch einmal ein ganzes Stück größer ist, wenn Informationen und damit Daten das Kerngeschäft sind und in entsprechender Menge und Qualität verarbeitet werden müssen.


Umso mehr gilt es, das Unternehmen nicht nur KI-fit, sondern Hand in Hand damit auch Daten-fit zu machen und dazu braucht es wie so oft zunächst einmal das richtige Mindset.

„Es muss allen bewusst sein, dass Datenqualität nicht erst am Ende der Prozesskette zu einem Thema wird, also dann, wenn ich den eigenen Beitrag fertiggestellt habe, sondern ganz am Anfang, wenn die Daten angelegt werden“,

sagt Astrid Zöchling. „Damit diese Daten auch von anderen und gegebenenfalls von der KI für ihre Arbeit genutzt werden können.“ So ist etwa die Information, dass man eine Pressekonferenz einer bestimmten Person in einem Bundesland besucht hat, und die Kennzeichnung des Rohmaterials mit entsprechenden Metadaten Grundvoraussetzung, damit sie von anderen verwendet oder zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder gefunden werden kann.


KI wird zum massiven Treiber


Um dieses Bewusstsein und im nächsten Schritt darüber hinaus auch die nötige Data Literacy und Analyse-Kompetenz für ein tieferes Verständnis von Daten aufzubauen, forciert man im ORF bereits seit ein paar Jahren gezielte Initiativen wie beispielsweise eine Power BI Community, in der sich die Analytikerinnen und Analytiker des Hauses austauschen und vernetzen. Die IT-Organisation agiert dabei als zentraler Enabler und stellt Werkzeuge und Schulungsangebote zur Verfügung. Seit letztem Jahr treibt auch ein IT-eigenes Data Plattform Team das Thema Data Governance & Infrastruktur voran und unterstützt dazu zum Beispiel die Data Owner und Data Stewards mit Know-how.


KI wird dabei zu einem massiven Treiber.

„Je mehr Daten man vernetzen und je vielfältigere Sichten man auf dieselben Daten übereinanderlegen kann, desto besser werden die Ergebnisse“,

beobachtet Astrid Zöchling. „Aber auch da gilt die alte Regel: Garbage in, Garbage out. Gerade, wenn es um journalistischen Content und die Quellen

dafür geht, ist Vorsicht geboten. Da kann man die Bedeutung von Datenqualität und menschlicher Kontrolle nicht hoch genug einschätzen.“


Die Hauptaufgabe der internen IT des ORF, die Zöchling verantwortet, ist es, die journalistischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die der Verwaltungseinheiten bei ihrer Arbeit, nämlich Content für das Publikum zu produzieren, möglichst effektiv zu unterstützen. Die durch digitale Quellen rasant wachsende Datenbasis macht solch eine Unterstützung dringender denn je. Es gilt Über- und Durchblick zu behalten – und das meist unter Zeitdruck, denn die meisten Informationen müssen schnell produziert werden. Genau dafür bietet nun KI immer mehr Möglichkeiten an Hilfestellung.

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KI als echte Unterstützung für die Menschen bei ihrer Arbeit


Und die IT setzt diese Hilfestellung bereits in Form einer ganzen Reihe konkreter Lösungen in die Praxis des Unternehmens um. So wie zum Beispiel mit einer KI-basierten eigenentwickelten Software mit dem Namen AiKM. Diese erkennt Musikstücke in Videos, liest die entsprechenden Länge exakt aus, und übermittelt diese Daten automatisiert an die AKM. Damit schafft sie die Basis für das Abführen der Tantiemen für die verwendeten Musiktitel. Zeiten und Titel müssen so nicht mehr zeitaufwendig manuell gestoppt und eingegeben werden.


Für Astrid Zöchling ist das ein Paradebeispiel für den Benefit, den ihre Organisation heute mit KI liefern kann: „Es geht wirklich darum, die Menschen von genau solchen repetitiven, zeitaufwendigen Prozessen zu entlasten, die eine KI sehr viel schneller und präziser erledigen kann, damit sie sich noch stärker auf ihre journalistischen Kernaufgaben, wie Faktenchecks, Hintergrundstories und Recherche konzentrieren können.

Für uns ist es keine Phrase, sondern eine zentrale Säule, dass die menschliche Komponente der Kernfaktor bleibt. Ein wesentlicher Aspekt der KI-Unterstützung wird künftig sicher dahin gehen, auf Basis journalistischer Grundprinzipien wie Check, Re-Check und Double-Check, möglichst viele Informationspunkte zu liefern, um sehr frühzeitig Desinformationen zu erkennen. Die Menschen müssen weiterhin das uneingeschränkte Grundvertrauen haben, dass der ORF trusted Source ist und sie alles, was sie in den ORF- Programmen und -Formaten hören, sehen oder lesen, faktengecheckt und richtig ist.“


Für neue Themen braucht es auch neue Wege und Formate


Um die Unterstützung laufend weiter zu verbessern und dafür neue Möglichkeiten zu erschließen, geht die IT-Organisation des ORF neue Wege. So hat man letzten Dezember den ersten Promptathon veranstaltet und dabei interdisziplinäre Teams – vom Software-Entwickler bis zur Betriebsleiterin im IT-Umfeld – mit konkreten Problemstellungen konfrontiert, für die es gemeinsam kreative Lösungen zu erarbeiten galt. Und zwar ausschließlich mit Prompts. Angefangen von der Ideenfindung über das Coding bis hin zu einem konkreten, funktionierenden Prototyp oder Mockup. Jeder Prozessschritt sollte mit KI-Technologien umgesetzt werden – auch die Pitches. Der Output übertraf selbst optimistische Erwartungen. Von einer Lösung, um mithilfe von KI die Meetings effizienter und produktiver zu gestalten, bis hin zur „Fake News Detection“ anhand einer KI-Echtzeit-Recherche, wurden durchwegs Prototypen und Mockups präsentiert, die nicht nur kreativ, sondern vor allem auch konkret auf die realen täglichen Prozesse und Anforderungen ausgerichtet waren.


Astrid Zöchling haben vor allem zwei Erkenntnisse davon überzeugt, mit Initiativen wie dem Promptathon auf dem richtigen Weg zu sein: „Das eine ist zu sehen, wie durch Teamdynamik neue Themen wie Prompting und vor allem ihr Nutzen sehr rasch wirklich greifbar werden. Ein KI-Tool erstellt einen funktionierenden Prototypen mit ganz simplen Prompts in ein paar Minuten. Requirement Engineers würden dafür ein oder zwei Tage brauchen. Und fast noch erstaunlicher war, zu sehen, dass dieses gemeinsame Kennenlernen sofort in äußerst kreative Ideen für konkrete Business-Lösungen mündet. Denn genau diese Ideen, wie wir KI in unseren eigenen Prozessen einsetzen könnten, werden künftig den wirklich großen Mehrwert bringen.“


Die CIO des ORF hat aus all den Projekten der letzten Monate ein wichtiges Learning mitgenommen:

„Wir haben gesehen, dass der Nutzen von KI und Prozessautomatisierung umso größer wird, je spezifischer wir KI – und die entsprechenden verfügbaren Daten – für unsere Anwendungsfälle einsetzen.

Hier können wir viel mehr Potenzial für das Unternehmen ausschöpfen als mit den generischen AI-Lösungen, die praktisch für alle Büro-Anwendungsfälle geeignet sind. Und deshalb ist die wirklich entscheidende Frage für die nächsten Jahre: Wo entwickelt und nutzt man Open Source oder eigene Modelle im unternehmensspezifischen Kontext?“


Und um genau darauf kreative Antworten zu finden, wird unter anderem auch schon der nächste Promptathon geplant – und diesmal auch übergreifend mit den Fachabteilungen und somit voraussichtlich mit noch mehr Ideen, um quer durch das Unternehmen die nötigen Skills und verbesserte Prozesse zu etablieren.



Von Michael Dvorak; Fotos: Lisa Resatz

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