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Für Data Self-Service braucht es Eigenverantwortung


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Bei der Zumtobel Group entwickelte sich ein Data-Mining-Pilotprojekt von Prozessmanager Thomas Guerra und Global Commodity Manager Markus Heschl zu einem strategischen Hebel für die Transformation zu einer Data Driven Company.


Als Global Commodity Manager im zentralen Einkauf der Zumtobel Group agiert Markus Heschlan der Schnittstelle zwischen Tagesgeschäft, Prozesslandschaft und Datenwelt. Er ist maßgeblich dafür mitverantwortlich, die Einkaufsorganisation des weltweit agierenden Players für intelligente Lichtsysteme und -lösungen mit Sitz in Dornbirn in die digitale Welt zu überführen – und dafür Themen wie Automatisierung und Datenmanagement gemeinsam mit anderen Bereichen voranzutreiben. Anfang 2022 bot sich eine Gelegenheit, diesem Ziel einen entscheidenden Schritt näher zu kommen: denn in der Prozessmanagementabteilung war man gerade dabei, ein Standard Process Mining Tool, das man bereits im Einsatz hatte, zu einer übergreifenden Process Mining Platform mit durchgängigen Schnittstellen für die vielfältigen Prozesse und Use Cases des Unternehmens weiterzuentwickeln. Und Thomas Guerra, der verantwortliche Corporate Process Manager, suchte einen Fachbereich mit einem interessanten Use Case als Partner, um dazu ein Pilotprojekt zu starten.


„Prozesse und Daten sind untrennbar miteinander verbunden“, sagt Guerra. „Diese Relation wird immer stärker und erfährt auch zunehmend eine neue Dynamik und Ausprägung.

Dadurch entstehen komplett neue Möglichkeiten, um Daten zu analysieren und darauf basierend Prozesse zu optimieren und an die spezifischen Anforderungen eines Unternehmens anzupassen. Dazu muss man aber zunächst herausfinden, wo und bei welchen Prozessen tatsächlich Potenzial für Mehrwert steckt, und wo man ohnehin sehr nah am Standard agiert.“

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Markus Heschl griff sofort zu, den passenden Use Case hatte er bereits parat:

„Im Einkauf waren wir bei den Prozessabläufen recht gut aufgestellt, aber bei der Datenqualität taten sich Fragezeichen auf, zu denen wir Gewissheit haben wollten: Wie sauber gepflegt sind unsere Daten? Und stehen in sämtlichen Feldern die aktuellen Informationen, die dort auch tatsächlich hineingehören?“ Ziel war es deshalb, mit Hilfe des Data Mining Tools eine Data-Cleaning-Initiative zu starten und den Kolleginnen und Kollegen im Einkauf zunächst einmal einen Überblick darüber zu liefern, welche Stammdaten nachgebessert werden mussten – und das auf eine für sie möglichst einfache und automatisierbare Weise.


Das Thema ESG als Motor und Härteprobe für die neue Datenplattform


Das Timing hätte kaum besser sein können, denn nachdem man ein halbes Jahr lang nicht nur die Möglichkeiten des Tools, sondern auch die Datenbasis und -qualität im Einkauf viel besser kennengelernt und weiterentwickelt hatte, brachten Mitte 2022 das neue Lieferkettengesetz und das Thema ESG eine völlig neue Dynamik ins Spiel. Hatte man diese Aspekte bislang nur bei den größten Lieferanten abgebildet, war jetzt Transparenz über alle gefragt – und die war angesichts der benötigten spezifischen Informationen nicht durch Fragebögen an die mehr als 5.000 Lieferanten zu erreichen, sondern musste zumindest zum Teil von zwei externen Datenanbietern geliefert werden, die gemeinsam die gesamte Vielfalt der Zumtobel Group-Lieferanten abdeckten. Während die eine Plattform mit einer ESG-Zertifizierung und entsprechenden Kosten vorrangig größere Unternehmen adressiert, richtet sich die andere, eine Selbstauskunft-Plattform, auf kleinere Unternehmen aus, für die aufwendige Audits eine Hürde darstellen.


Der Haken: Den Datenplattformen der beiden Anbieter fehlte die Verbindung zu der betriebsinternen Datenlandschaft. Und die Herausforderung wurde umso größer, je mehr man sich den Umsetzungsfristen für die neuen gesetzlichen Vorgaben näherte. Das war der Moment, als sich das Mining Tool vom Pilotprojekt quasi über Nacht zur Plattform von – im wörtlichen Sinn – zentraler Bedeutung entwickelte.


Das Timing hätte kaum besser sein können, denn nachdem man ein halbes Jahr lang nicht nur die Möglichkeiten des Tools, sondern auch die Datenbasis und -qualität im Einkauf viel besser kennengelernt und weiterentwickelt hatte, brachten Mitte 2022 das neue Lieferkettengesetz und das Thema ESG eine völlig neue Dynamik ins Spiel. Hatte man diese Aspekte bislang nur bei den größten Lieferanten abgebildet, war jetzt Transparenz über alle gefragt – und die war angesichts der benötigten spezifischen Informationen nicht durch Fragebögen an die mehr als 5.000 Lieferanten zu erreichen, sondern musste zumindest zum Teil von zwei externen Datenanbietern geliefert werden, die gemeinsam die gesamte Vielfalt der Zumtobel Group-Lieferanten abdeckten. Während die eine Plattform mit einer ESG-Zertifizierung und entsprechenden Kosten vorrangig größere Unternehmen adressiert, richtet sich die andere, eine Selbstauskunft-Plattform, auf kleinere Unternehmen aus, für die aufwendige Audits eine Hürde darstellen. Der Haken: Den Datenplattformen der beiden Anbieter fehlte die Verbindung zu der betriebsinternen Datenlandschaft. Und die Herausforderung wurde umso größer, je mehr man sich den Umsetzungsfristen für die neuen gesetzlichen Vorgaben näherte. Das war der Moment, als sich das Mining Tool vom Pilotprojekt quasi über Nacht zur Plattform von – im wörtlichen Sinn – zentraler Bedeutung entwickelte.

 

In höchstem Tempo zu tiefem Business-Verständnis

 


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„Unser Tool verfügte über die nötigen Schnittstellen, um die Daten der beiden Anbieter sowohl miteinander als auch mit den Kerndaten aus unserem SAP-System zu verschmelzen“, bringt es Thomas Guerra auf den Punkt. „Das machte es möglich, dass die Kolleginnen und Kollegen im Einkauf nicht in unterschiedlichsten Datenbanken arbeiten und händisch irgendwelche Verknüpfungen erstellen mussten, sondern sämtliche Informationen automatisch im Dashboard unserer Process Mining Platform abgebildet bekamen.“   


Das Dashboard war bereits im Oktober, zweieinhalb Monate nach Vertragsunterzeichnung mit den Datenanbietern, fertiggestellt, im Dezember wurden die Einkäuferinnen und Einkäufer bereits darauf geschult. Für Markus Heschl war es neben der technologischen Flexibilität auch die organisatorische, die solch ein Rekordtempo ermöglichte:

„Wir waren durch unser Pilotprojekt bereits bis zu einem gewissen Grad gewohnt, sehr pragmatisch und flexibel mit dem Process Mining Tool zu arbeiten. Das wurde nun zu einem großen Benefit, weil wir einfach nicht die Zeit dafür gehabt hätten, eine großangelegte Projektstruktur aufzubauen und umfassende Blueprints zu erstellen. Fortschritt hat drei Buchstaben: TUN.“

 

Die zeitliche Herausforderung wurde umso größer, als Hand in Hand mit der technischen Umsetzung auch eine Menge an inhaltlicher Arbeit zu bewältigen war, beginnend mit einem Regelwerk und Evaluierungskriterien, in die sämtliche Lieferanten integriert werden konnten. Die Erkenntnisse, die sich dabei auftaten, mussten mit regelmäßigen Sprints immer wieder in Schleifen eingearbeitet werden, lieferten aber zugleich auch eine wertvolle Rückkoppelung. „Zum einen waren das konkrete Aufschlüsse für das Projekt, etwa warum bestimmte Felder bisher kaum befüllt wurden oder auch, wo es ganz neue Felder brauchte“, resümiert Thomas Guerra. „Darüber hinaus steigerte aber jede Feedbackschleife auch das generelle Verständnis für die Daten und für die Möglichkeiten, die sich daraus generieren lassen.“

 

Vom Pilotprojekt zum strategischen Hebel

 

Und genau dieses Verständnis gewann immer stärker an Bedeutung.Ende 2022 war im Vorstand nämlich nicht nur die neue Rolle eines Chief Digital Transformation Offi-cers geschaffen worden, bei dem Thomas Guerra und die Process Mining Platform nun auch direkt an-gesiedelt wurden, sondern auch eine umfassende, durchgängige Digital-   >Transformation-Strategie ins Leben gerufen worden. Ihr Ziel war klar definiert: Die Zumtobel Group soll zu ihrem Portfolio an hochwertigen Beleuchtungsprodukten auch intelligente Beleuchtungssysteme entwickeln. Und ebenso klar definiert wurde, dass sich das Unternehmen dazu zu einer Data Driven Company transformieren muss und Daten zu einem Asset werden müssen, das für die Produkte, Lösungen und Kunden neuen Mehrwert liefert. Tools wie die Process Mining Platform wurden damit zu einem entscheidenden strategischen Hebel.

 

Und dieser Hebel erlebte bald die nächste Weiterentwicklung, die diesmal allerdings durch eine Eigendynamik von innen ausgelöst wurde – nämlich die zum übergreifenden Self-Service-Portal. Das erfolgreiche ESG-Projekt machte im Konzern rasch die Runde. Schon bald landeten im Einkauf Anfragen von Vertriebskolleginnen und -kollegen, die von ihren Kunden, insbesondere von großen Key Accounts, selbst Fragenkataloge zu Nachhaltigkeits-, ESG- oder Lieferkettenrisikothemen erhalten hatten, zu denen sie Antworten liefern sollten. „Wir wussten ja, welcher Aufwand hinter diesen Informationen steckt“, sagt Markus Heschl. „Also waren wir selbstbewusst genug, zu sagen, dass wir das derzeit vermutlich in einem Umfang und in einer Tiefe abdecken können wie kaum jemand anderer in unserer Branche.“

 

Dass man mit dieser Einschätzung absolut richtig lag, bekam man dann auch postwendend von den Vertriebskolleginnen und -kollegen als Feedback ihrer Kunden weitergeleitet. Mittlerweile liefert man ihnen Informationen für ihre Präsentationen und Pitches in Form von Fakten, Zahlen und aussagekräftigen Grafiken und Karten zu Lieferketten, Ursprungsländern, Risiken, Human Rights, Labour ESG, Environmental Protection und immer mehr weiteren Aspekten. Und das zunehmend automatisch tagesaktuell und als Self-Service.

 

Self-Services, Data Sharing und neues Mindset

 

„Eine moderne zentrale Process Mining Platform kann nicht im alten Modus funktionieren“, stellt Heschl klar. „Früher hat man jede Anfrage zu ESG in der Lieferkette und Lieferantendaten separat an den Einkauf gestellt. Bis die Experten all die Daten aufwendig miteinander verstrickt hatten, waren sie zum Teil schon nicht mehr aktuell und es ist in Summe viel zu viel Zeit verstrichen. Für eine Data Driven Company braucht es eine andere Denk- und Arbeitsweise.

Wenn Informationen nicht mehr in einer Kette ausgetauscht werden, sondern über eine zentral einfach zugängige Plattform zu Verfügung stehen, liefert das eine enorme Zeitersparnis, viel rascher konsistente Informationen und damit auch die Grundlage für Entscheidungs- und Handlungsschnelligkeit.“

 

Heute stellt der Einkauf nicht nur Infomaterial auf Knopfdruck zur Verfügung, das die Mitarbeitenden im Vertrieb für ihre Kundenkommunikation selbst konfigurieren können, sondern teilt die ESG-Datenbank selbst auch bereits mit anderen Bereichen und mit dezentralen Werken. Und auch über den Einkauf hinaus ist das Teilen von Daten in der Zumtobel Group zum Programm geworden. So wird die Process Mining Platform beispielsweise an der Schnittstelle zwischen Produktion und Vertrieb genutzt, um aktuelle Informationsstände zu Lieferzeiten bereichsübergreifend transparent zu machen. Für Thomas Guerra sind solche automatisierten Datenflüsse für eine moderne, übergreifende Zusammenarbeit unerlässlich:

„Key Account Manager haben naturgemäß immer ihre eigenen Kunden im Fokus. Wenn die Produktion aber aufzeigt, für wie viele andere Kunden mit welchen Ressourcen sie gerade Dinge fertigt, ändert es die Sichtweise. Daten transparent zu machen und zu teilen, verbindet die Unternehmensbereiche und schafft Verständnis füreinander.“

 


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Die User in die neue Datenwelt begleiten

 

Die neue digitale Datenwelt auf einem Bildschirm abzubilden und in einem ansprechenden Dashboard zur Selbstbedienung zur Verfügung zu stellen, reicht allerdings nicht. Man muss die User dazu bringen, diese Datenwelt zu nutzen. „Dazu muss man verständlich machen, welches Asset Daten tatsächlich sind“, sagt Markus Heschl.

„Je besser man den konkreten Nutzen greifbar macht, desto höher wird auch das Bewusstsein für die dafür nötige Qualität. Denn Self-Service bedeutet nicht, sich als User zurückzulehnen, während ein digitales Tool alle möglichen Reports liefert. Self-Services liefern transparente Informationen und Entscheidungen, die einen in die Lage versetzen, nicht weniger, aber anders, produktiver und innovativer zu arbeiten. Voraussetzung dafür ist aber, dass User ihre Daten entsprechend pflegen.“

 

Anschauliche Praxisbeispiele wie das ESG-Projekt, die sich hervorragend multiplizieren und erweitern lassen, eignen sich dafür aus der Erfahrung des Global Commodity Managers besonders gut. Für ihn bedingt technologischer Wandel nämlich gleichzeitig immer auch einen kulturellen Wandel: „Das erfordert vielfach auch ein geändertes Mindset der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn Self-Service bedeutet Eigeninitiative und -verantwortung. Das ist so wie beim Schwimmen lernen – irgendwann muss man loslassen und selbst schwimmen.“

 

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Für Thomas Guerra liegt der Schlüssel beim Loslassen im Verständnis. Er erlebt in vielen Gesprächen, dass die User die Probleme, die sie bei einem Prozess haben, zunächst an der Oberfläche suchen. Es gilt die zugrundeliegenden Prozesse und Verknüpfungen zu verstehen. „Das lässt sich mit einer verlässlichen Informationsquelle, wie sie das Dashboard unserer Process Mining Platform liefert, sehr gut veranschaulichen“, sagt der Corporate Process Manager. „Aber ein Link und eine Bedienungsanleitung reichen dafür nicht aus, sondern dazu muss man sich auch einmal zusammensetzen und die User – um beim Vergleich mit dem Schwimmen zu bleiben – am Anfang zunächst einmal bei der Hand nehmen und gemeinsam ins Wasser hineingehen.“


Das kostet zwar Zeit, ist für Guerra aber eine Investition, die sich letztlich lohnt. Denn in den meisten Fällen liefert solch ein Gespräch Input, um die Needs der User und des jeweiligen Fachbereiches, noch besser zu verstehen und zugleich auch eine Vorlage, um das Datenmodell permanent zu einer Plattform weiterzuentwickeln, die Daten so weit wie möglich automatisch und im Self-Service tatsächlich als echtes Asset für vielfältige Use Cases zur Verfügung stellt. Sei es als Infos für die Kundenkommunikation, als Analyse für rasche Entscheidungen oder als verbindendes Element für die bereichsübergreifende Zusammenarbeit.  



Von Michael Dvorak; Fotos: Michael Kreyer

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