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DigBiz Leader

Employee Experience entscheidet den Unternehmenserfolg



Die Zumtobel Group lebt die Digitale Transformation. Um die Mitarbeiter:innen für ein neues Arbeiten zu empowern, setzt CDTO Marcus Frantz auf Orientierung, Inspiration und auf Bilder.



Anfang Februar startete Marcus Frantz mit dem Auftakt in Porto eine ganz besondere Roadshow. Drei Wochen später ist er im englischen Spennymoor zu Gast. Als nächste Stationen stehen im gleichen Rhythmus Niš und Paris auf dem Tour-Kalender.

Die Locations quer durch Europa sind allesamt Produktions- und Vertriebsstandorte der Zumtobel Group. Die hat in den letzten Jahren intensiv begonnen, sich von einem international führenden Produzenten hochwertiger Leuchten zum globalen, innovativen Anbieter ganzheitlicher Lichtlösungen und intelligenter Lichtmanagementsysteme zu wandeln. Dass diese Transformation mit Hochdruck weiter vorangetrieben wird, dafür sorgt seit eineinhalb Jahren Marcus Frantz als Mitglied des Vorstandes in der neugeschaffenen Rolle des CDTO, des Chief Digital Transformation Officers – und dazu gleichermaßen für die nötigen Rahmenbedingungen wie auch für die nötigen Ideen. Ein Mix, den er davor schon fünf Jahre lang als Group CIO und Verantwortlicher für die digitale Geschäftsstrategie des ÖBB-Konzerns mit Leidenschaft gelebt hatte.

 

Direkter Impact auf das Business

 

In Spennymoor, im Norden Englands, erwarten ihn fast 700 Leute, und ihnen allen will er vor allem eines liefern: Bilder, wie die digitale Zukunft der Zumtobel Group ausschauen könnte – und sie damit abholen, motivieren und inspirieren. Am Vormittag waren die Kolleg:innen aus dem Management seine Zielgruppe, danach jene aus den administrativen Bereichen und dem Sales, jetzt sind die Mitarbeiter:innen aus der Produktion und aus der Logistik an der Reihe – in mehreren Sessions, damit genug Zeit für Fragen zu dem bleibt, was er zu erzählen hat. Und das betrifft jeden und jede von ihnen ganz persönlich: es geht um ihren Workplace und ihre Job-Rolle und darum, wie sich diese künftig durch die Digitale Transformation verändern werden und wie sie das Unternehmen bei dieser veränderten Art zu arbeiten, unterstützen wird. Und auch darum, wie sie diese selbst mitgestalten können.

 

„Es sind unsere Mitarbeiterenden, die entscheiden, ob das Unternehmen künftig Erfolg hat oder nicht“, sagt Marcus Frantz. „Also müssen wir im Zuge der Digitalen Transformation die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sie sich voll und ganz auf ihren Job konzentrieren können.

Wir müssen unsere Mitarbeitenden dazu empowern, tatsächlich das machen zu können, wofür sie qualifiziert sind, nämlich bessere Produkte zu bauen und auf den Markt zu bringen und noch bessere und intelligentere Customer Services zu liefern. Das ist die Employee Experience, die wir gewährleisten müssen.“

 

Genau das ist auch ein wichtiger Teil der neuen Digitalen Transformationsstrategie, die der Vorstand und Aufsichtsrat der Zumtobel Group Ende letzten Jahres beschlossen und abgesegnet haben. Employee Experience ist darin einer von vier strategischen „Directions of Impact“ und umfasst Aspekte wie Knowledge Management, Innovation Management oder die Rahmenbedingungen für agiles Arbeiten genauso wie das strukturierte Heranführen der Mitarbeiter:innen an technologische Neuerungen am Arbeitsplatz.

Ganz bewusst sind die Initiativen innerhalb der Digitalen Transformationsstrategie untrennbar und sehr konkret mit dem Business verzahnt und haben letztlich immer einen Benefit für die Kunden als Ziel. Das macht das Thema greifbar und holt es mitten hinein ins Geschehen – herunter von dem oft recht abstrakten Sockel.

 

Mit Bildern greifbar machen

 

So wie es der CDTO auch bei der Session in Spennymoor macht, etwa, wenn man bei einer Blitzumfrage in der großen Runde gemeinsam feststellt, dass fast alle Mitarbeiter:innen ihre Musik nur noch streamen und kaum jemand noch CDs kauft. Und wenn sich daraus für alle logisch nachvollziehbar die Erkenntnis ableitet, dass man sich auch in der eigenen Branche als Produktionsunternehmen Strategien überlegen muss, wie man in der digitalen Ära reüssiert. Oder, wenn die Wichtigkeit einer sauberen Dateneingabe am Shopfloor mit einem Bild nachvollziehbar wird, das alle zumindest aus dem Fernsehen oder aus Social Media kennen: Wenn die Datenqualität nicht stimmt, kann auch die tollste Navi-Stimme auf eine falsche Abzweigung leiten … die manchmal auch in einem Fluss münden kann. Und so können unsaubere Daten auch in der Produktion für mangelnde Orientierung und manchmal auch für einen Schlag ins Wasser sorgen.


„Wir müssen die Mitarbeitenden von Betroffenen zu Beteiligten machen“, ist Marcus Frantz überzeugt. „Das klappt, indem wir sie in ihrer privaten Erlebniswelt, in ihrer Rolle als digitale Anwender abholen und ihre Erfahrungen auf unser Business transferieren. Dazu müssen wir allerdings die Kommunikation wie etwa diese Sessions, sehr differenziert gestalten. Mitarbeitende in der Produktion haben andere Bedürfnisse, Herausforderungen und Probleme bei ihrer Arbeit als die Kolleg:innen aus der Administration oder aus dem Management.“

 

Das Differenzieren erstreckt sich manchmal auch auf die ganz individuelle Ebene. Beispielsweise, wenn es für eine Kollegin aus der Produktion in Spennymoor im Gespräch mit dem CDTO nachvollziehbar wird, warum es letztlich keine Zeitverschwendung ist, den Cobot neben ihr anzulernen – auch wenn der dabei noch keiner von der hellsten Sorte ist. Und warum das eine – wenn auch anfangs etwas mühsame

– Investition in die Zukunft ist: Weil er dann die Abläufe, die sich jede Stunde hunderte Male wiederholen, übernehmen kann und so die menschliche Kollegin für produktivere Tätigkeiten freispielt, zu der sie das Unternehmen befähigen wird.

 

Orientierung statt Angst

 

„Themen wie die Digitale Transformation oder KI sind oft mit großen Ängsten besetzt“, konstatiert Frantz. „In den Medien ist ständig davon die Rede, dass dadurch Millionen von Jobs verloren gehen. Deshalb ist es extrem wichtig, darauf inhaltlich einzugehen, die Dinge wirklich zu erklären und echte Orientierungshilfen zu liefern:

KI wird nicht dafür sorgen, dass Euer Job verloren geht, aber dafür, dass er sich anders gestalten wird. Deshalb ist es wichtig, jetzt daran zu arbeiten, wie wir Euch dabei mit Hilfe von KI künftig unterstützen können.“

Dass es nicht in jedem Unternehmen alltäglich ist, dass der für die Digitale Transformation zuständige Vorstand dies auf einer Roadshow im persönlichen Gespräch intensiv erklärt, trägt natürlich dazu bei, die Mitarbeiter:innen tatsächlich abzuholen und ihnen das Gefühl zu geben, dass ihre Bedenken, aber auch ihre Arbeit sehr ernst genommen werden.

 

Inspiration zur CoCreation

 

Sicherheit, Orientierung und Motivation zu geben, ist aber nur das eine Ziel, das Marcus Frantz erreichen möchte. Das andere ist, zu inspirieren. Den Stoff und die Stories dafür liefert der CDTO seit einem Jahr unter anderem in Kooperation mit Expert:innen der TU München. Gemeinsam zeigt man Möglichkeiten auf, wie KI verschiedenste Job-Rollen und Tätigkeiten hilfreich unterstützen kann. Bewusst entwirft man diese Ausblicke auf die Zukunft nur in Form von Skizzen und beschränkt sich darauf, aufzuzeigen, was möglich ist. Aus der Skizze ihr eigenes Werk gestalten, müssen die Leute in den Fachbereichen dann selbst.


„Wenn ich den Kolleg:innen vorgeben wollte, wie die Umsetzung konkret in der Praxis auszusehen hat, wäre das Ganze zum Scheitern verurteilt“, ist sich Marcus Frantz sicher. „Aber wenn wir sie mit neuen Möglichkeiten, die wir laufend aufzeigen, inspirieren, ergibt sich automatisch ein CoCreation-Modus, in dem wir mittlerweile ein wunderschönes Sammelsurium verschiedenster Ideen und Einsatzmöglichkeiten für KI generiert und auch schon zum Teil umgesetzt haben.

 

So hat man zum Beispiel im R&D-Bereich damit begonnen, sich mit Generative Design auseinanderzusetzen und im Sales damit, KI dafür einzusetzen, die Angebote noch stärker auf den jeweiligen Kunden zu zentrieren. Und so unterstützt KI heute die Arbeit des Vertriebs, der Produktion und der Logistik beim Demand Forecasting schon mit erstaunlich zuverlässigen Prognosen darüber, welche Kunden in welchen Ländern und Regionen in drei Monaten welche Produkte bestellen werden.


Alle müssen sich kümmern

 

KI ist derzeit ein ganz zentraler Enabler, aber nicht die einzige Inspirationsquelle. Dafür nutzt man auch andere Technologientrends wie Robotic, Digital Twins und 3-Druck, und auch das Thema Blockchain, um das es in den letzten Jahren stiller geworden ist, hat man in der Zumtobel Group angesichts von EU-Vorhaben wie dem Supply Chain Act und dem Digitalen Produktausweis nun verstärkt als Hebel für die Digitale Transformation auf dem Radar.

Immer, wenn zu diesem Strauß an Technologien eine neue dazustößt, die für das Unternehmen und das eigene Geschäft Relevanz haben könnte, schaut man sich die genauer an. Und das „man“ beschränkt sich nicht auf die Abteilungen, die beim CDTO aufgehängt sind, sondern versteht sich übergreifend. Für Frantz war das von Start weg entscheidend:

„Die Digitale Transformation ist – genauso wie etwa Business Continuity – kein Thema, um das sich eine bestimmte Organisationseinheit kümmert. Darum müssen sich alle kümmern – das ist ein Thema für das gesamte Unternehmen.“

 

Und „Kümmern“ bedeutet vor allem, die Mitarbeiter:innen an ihrem Arbeitsplatz zu befähigen, die neuen Technologien zu nutzen. Die ebenfalls beim CDTO angesiedelten Bereiche IT, die Information Security oder das Datenmanagement tun dies gezielt nicht nur, indem sie die technischen Rahmenbedingungen und Applikationen zur Verfügung stellen, sondern auch die notwendige Guideance liefern – in Form konkreter,  kompakt gehaltener Informationen, jenseits von episch angelegten Manuals oder Schulungsvideos.

 

Sukzessives Herangehen

 

Letztlich sind für dieses „Kümmern“ aber die Fachbereiche selbst verantwortlich – dazu haben sie sich im Rahmen der neuen Digitalen Transformationsstrategie ausdrücklich commitet. Dieses Commitment ist umso wichtiger, als sich das digitale Empowerment ja nicht auf die Produktionsmitarbeiter:innen beschränkt, sondern auch die Führungskräfte umfasst. Etwa, wenn es gilt, die vorhandenen Daten und Analytics richtig zu nutzen, um die Kolleg:innen im Vertrieb zu steuern.

 

Die Brücke zu den Fachbereichen bildet vor allem die von Frantz initiierte Rolle der Digital Transformation Officers – etwa beim Adoption & Change Management, wo sie sich im engen Zusammenspiel mit HR mit Fragen befassen wie: Was bedeutet der Einsatz einer bestimmten neuen Technologie oder bestimmter neuer digitaler Möglichkeiten für die Organisation? Was bedeutet es für die einzelnen Jobprofile und Tätigkeiten? Was ändert sich dadurch? Was müssen wir tun, um hier die Mitarbeiter:innen heranzuführen?

 

An diese Evaluierung der Technologietrends geht man sukzessive und agil heran – anders geht es für Marcus Frantz auch gar nicht:

„Wenn wir neue Technologien und ihre Einsatzmöglichkeiten nutzen wollen, wäre es kontraproduktiv, jetzt als großangelegtes Projekt eine detaillierte Roadmap für 2026 zu erstellen – die dann vielleicht von genau solch einer neuen Technologie über den Haufen geworfen wird.

Vor nicht allzu langer Zeit war zum Beispiel noch kaum von Gen AI die Rede. Es geht darum, aufzuzeigen, wo die Reise hingehen könnte. Wie sich die Reise dann tatsächlich genau gestaltet, das hängt letztlich von unseren Mitarbeiterinnen und ihren Ideen ab.“



Von Michael Dvorak; Fotos: Nina Maria Bröll

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